Woche 3: Wie grün ist mein Internet?

So, nun sitze ich hier, das Kind ist im Bett, der Tee dampft gemütlich aus der Tasse neben mir, die Decke und ich bilden eine wohlige Symbiose und ich widme mich hochmotiviert meinem Blogprojekt. Googeln, Recherchieren, Denken, Schreiben – in der Stille der Nacht bin ich am Produktivsten.

Aber wie still ist die Nacht wirklich? Was und wer muss alles arbeiten, damit ich diese Zeilen niederschreiben kann? Ich zumindest denke eher selten daran, was ich mit einer Google-Suche oder mit Spotify-Berieselung so alles auslöse.

Ist bei der Flatrate wirklich alles inklusive?

Keine Frage, das Internet hat die Gesellschaft und die Welt allgemein verändert. Dank Smartphone&Co ist jeder mit einem kurzen Klick überall und jederzeit „drin“. Insgesamt sind 2,5 Milliarden Menschen auf der Welt online, Tendenz steigend (bis 2017 werden es laut Schätzungen rund 3,6 Mrd. sein (Quelle)). Aber was heißt das nun technisch? Und vor allem bezogen auf den Ressourcenverbrauch?

CERN Server 03
Rechenzentrum Cern (Foto by Florian Hirzinger)
Die Daten und Seiten, die wir im Internet be-/suchen, liegen auf den Servern von Rechenzentren. Und damit wir jederzeit darauf zugreifen können, sind die Rechenzentren rund um die Uhr online. Wenn ich also von meinem Sofa aus meinen Blog aufrufe, flackern also bei den Servern meines Hosts die Lichter.  Der jährliche Energiebedarf deutscher Rechenzentren allein liegt momentan bei 10 Milliarden Kilowattstunden (2014; Quelle), und um diesen Energiebedarf zu decken, bräuchte es alleine vier mittelgroße Kohlekraftwerke. Google hatte nach eigenen Angaben 2010 einen Stromverbrauch von 2,26 Milliarden Kilowatt. Das entspricht dem Bedarf einer deutschen Großstadt mit über 350.000 Einwohnern (Quelle). Und wäre das Internet ein Land, hätte es nach einer Studie von Greenpeace den weltweit sechstgrößten Stromverbrauch. Nach Prognosen wird dieser Verbrauch in Deutschland trotz eifriger Versuche, die Technik effizienter zu machen, bis zum Jahr 2020 nochmal um 20 Prozent ansteigen wird (Quelle) – den neuen Cryptowährungstrend wahrscheinlich gar nicht eingerechnet. Ich habe beim Recherchieren sogar die Aussage gefunden, dass der CO2-Ausstoß aller Serverfarmen ist höher als der aller weltweiten Fluggesellschaften (Quelle).

Vor allem wird der Strom für die Kühlung der Rechner benötigt. Deshalb versuchen Unternehmen, ihre Rechenzentren in kühlere Regionen zu verlagern. So hat z. B. facebook das größte europäische Rechenzentrum in der Nähe des Polarkreises gebaut. Um mal eine Vorstellung zu bekommen, wie so ein Rechenzentrum aussieht, hier ein Video von 1&1.

Beim Surfen verbrauche ich also nicht nur die Strom, der aus meiner Steckdose kommt, sondern eben auch denjenigen, der zum Betreiben von Rechenzentren nötig ist.

Und woher kommt dieser Strom? Laut einer Studien von Greenpeace (Studie) beziehen viele Unternehmen ihre Energie noch aus fossilen, nicht-erneuerbaren Energiequellen. So werden etwa bei Google noch 36 Prozent des benötigten Stroms aus Kohle und Gas erzeugt, bei Facebook 35 Prozent. Amazon bezieht 48 Prozent und Ebay sogar 80 Prozent seines Stroms aus fossilen Quellen. Jedoch scheinen sich einige der großen Konzerne durchaus zu bemühen, und z. B. Apple bezieht seinen Strom zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen.

Aber was heißen die Zahlen nun konkret für mich und meinen eigenen Verbrauch? In einem Aufsatz des Wissenschaftlers Siegfried Behrendt ist zu lesen, dass eine Google-Anfrage 0,3 Wattstunden verbraucht, pro Auktion auf eBay werden je nach Produkt ca. 60 bis 420g CO2 freigesetzt und eine virtuelle Identität in dem Computerspiel Second Life verbraucht schätzungsweise im Jahr 1.700kWh, das ist etwa der jährliche Stromverbrauch eines Ein-Personen-Haushaltes in Deutschland (Quelle). Google berichtet, dass 100 Internet-Suchanfragen so viel Strom verbräuchten wie eine 60-Watt-Glühbirne in 28 Minuten (eigene google-Angaben, 2012).

Nun will ich ja nicht sagen, dass das Internet ausschliesslich ein Klimakiller ist. Sicherlich kann die Nutzung des Internets auch dem Umweltschutz dienen. So könnten z. B. nach Schätzung des Verbands europäischer Telekommunikationsunternehmen und des WWF in der EU jährlich 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Emissionen eingespart werden, wenn nur 20% aller Geschäftsreisen durch Videokonferenzen ersetzt würden. Auch können Organisationen und Aktivisten sich besser vernetzen und z. B. Skandale schneller öffentlich gemacht werden etc. Und es gibt noch tausend andere Beispiele dieser Art.

Aber mir geht es ja vor allem darum, möglichst viele Ressourcen zu sparen – also generell unnötigen Verbrauch einzuschränken.

Und nun?

Gerne vergesse ich, dass jeder Klick Ressourcen kostet, und ich würde mal behaupten, dass vieles, was wir im Internet machen, doch nicht immer so furchtbar nötig ist (ähm). Wenn ich also 10mal die Stunde meine Emails checke, das Tageswetter ständig nachlese oder mich ziellos auf facebook-Seiten durchklicke („facebook als legales Crack“ ;)) – alles das kostet Strom auf den Servern (vom Betreiben meines Laptops oder Smartphones mal ganz zu schweigen), also Ressourcen.

Was also tun? Kein Internet ist für mich keine Lösung. Aber wenn ich mir mein Nutzungsverhalten mal anschaue, lässt sich da doch einiges vermeiden, wenn ich ehrlich bin.

Hier also ein paar Ideen und Seiten, auf die ich gestoßen bin:

  • Weniger unnötigen traffic erzeugen

– Einfach ein wenig bewusster das Internet nutzen. Meiner Ansicht nach kommt es vor allem erst mal darauf an, das Internet wieder bewusster zu nutzen. So werde ich mich wohl mehr fragen „Ist diese Google-Suche jetzt wirklich nötig? Oder habe ich einfach nur Langweile? Muss ich alle 10 Minuten meine Mails checken?“ Vielleicht auch konkrete Zeiten für das Internet planen oder mal sogar tageweise Internet „fasten“. Ein Freund benutzt z. B. das Programm Stay Focusd, welches bestimmte Seiten blockiert, wenn man diese zu lange benutzt hat – er findet das super. Und die App Forest lässt visuell wie auch ganz real Bäume wachsen, wenn man über einen bestimmten Zeitraum nicht auf das Smartphone geschaut hat.

Weniger streaming. Also einfach mal eine alte CD hören oder meine umfangreiche mp3-Sammlung nutzen. Filme auf DVD oder als download schauen.

– Im Web-Browser beim Starten keine Internetseite (Portal, Suchmaschine, etc.) öffnen lassen, sondern mit der “about:blank”-Seite beginnen (bei Chrome bedarf es zum Öffnen eines neuen Tabs mit der “about:blank”-Seite ein extra add-on).

– Unnötige Newsletter abbestellen. Ich bekomme so viele Newsletter, die ich nicht lese – alles eigentlich unnötiger Emailverkehr. Also einfach mal einiges abmelden, das tut auch meinem Postfach (und meinem schlechten Gewissen) gut.

  • Auswahl des Host/ Server

Als ich mir das erste Mal eine eigene Homepage erstellt habe, habe ich vor allem auf den Preis und Service geachtet. Mal schnell bei meinem Host (www.all-inkl.com) nachgeschaut – Glück gehabt, die bieten ihren Service doch tatsächlich 100% CO2-frei durch Ökostrom (überwiegend aus Wasserkraft) an. Also kein Wechsel nötig. Ich schaue mich mal um und entdecke u. a. folgende grüe Hostinganbieter: www.manitu.de, www.greensta.de, www.biohost.de oder www.udmedia.de. Diese Anbieter beziehen nicht nur Ökostrom, sondern achten auch bei anderen Prozessen im Unternehmen auf Nachhaltigkeit (wie z. B. ein Konto bei einer Ökobank) oder setzen sich darüber hinaus auch für nachhaltige Projekte etc. ein. Aber auch große Anbieter wie z. B. www.strato.de oder www.1und1.de beziehen zumindest Ökostrom.

  • Gutes Tun während des Surfens

 “Mein Blog ist CO2-neutral!”In Zusammenarbeit mit “I Plant a Tree” wird für jeden Blog ein Baum gepflanzt. Dadurch werden die CO2-Emissionen des Blogs neutralisiert. Dafür muss man einen kurzen Blogpost über die Aktion schreiben und die Organisation darüber informieren (das werde ich dann doch mal machen).

– Webseite CO2-neutral machen: Bei www.oeko.eu können Privatpersonen die CO2-Emissionen, die durch den Betrieb ihrer Webseite entstehen, neutralisieren lassen. Für jede angemeldete Webseite wird ein Baum gepflanzt und die Kosten dafür werden von Partnern übernommen.

– Grüne Suchmaschinen: Die Suchmaschine Ecosia pflanzt z. B. Bäume. Von 2010 – 2014 wurde mit 80% der Einnahmen, die durch Werbeanzeigen erzielt wurden, ein Wiederaufforstungsprojekt des WWF in Brasilien unterstützt (Plant a Billion Trees/The Nature Conservancy), seit Oktober 2014 gehen 80% des monatlichen Gewinns an das „Greening the desert“-Projekt in Burkina Faso sowie seit August 2016 an Projekte in Peru und Madagaskar. Ecosia bezieht 100% Ökostrom und erwirbt zudem Zertifikate zur Klimakompensation für den durch die Suchanfragen verursachten CO2-Verbrauch (der eigentliche Suchvorgang geschieht durch Bing). Ich persönlich finde zwar Bing um einiges schlechter als google, habe mir aber angewöhnt, oft zuerst bei Ecosia zu schauen bzw. je nach Schwierigkeit der Suche die Suchmaschine auszuwählen. Eine etwas umweltfreundlichere Alternative mit google wäre searchgreen.de. Dabei wird der Google-Desktop einfach in schwarz als Hintergrund angezeigt, was nach eigenen Angaben bis zu 15 Watt weniger pro Suche verbraucht.

– Grüne Projekte finanziell unterstützen – ohne selbst dafür zu zahlen: Boost (jetzt:WeCanHelp) finde ich persönlich super, weil es einem so einfach macht, Geld an gemeinnützige Organisationen der eigenen Wahl zu spenden – und das, ohne selbst Geld auszugeben. Einfach das plugin runterladen und darüber ganz normal online einkaufen (z. B. bei amazon, Lufthansa, Deutsche Bahn, dawanda, Deutsche Post, Ikea, etc.). Bei einem abgeschlossenem Kauf bekommt boost/WeCanHelp eine Prämie des jeweiligen Unternehmens (zwischen ca. 0,7% – 15% des Warenwertes), welche man dann an eine ausgewählte Organisation spenden kann. Da gibt es finde ich keine Ausrede mehr, warum man nicht sinnvolle Organisationen unterstützen kann.

Bei The Changer gibt es noch eine Übersicht zu weitere Möglichkeiten, während des Surfens Gutes für die Umwelt zu tun.

  • Energiesparende Nutzung des Computers (u. a.Quelle):

– Rechner ausschalten, wenn er länger nicht benutzt wird. Das gleiche gilt auch für den Router.

– Bildschirmschoner sind Energiefresser – also einfach aus damit.

– Und natürlich Ökostrom benutzen (dazu schreibe ich sicherlich noch mal mehr).

 

Und jetzt möchte ich wirklich am liebsten gar nicht wissen, wie viel Ressourcen ich für die Erstellung dieses Artikels verbraucht habe. Schnell mal aufhören…! Aber schreibt gerne mal Eure Gedanken zu dem Thema in die Kommentare.

 

Weiterführende Links:

Clicking Green: Greenpeace-Studie zum Thema „How Companies are creating the Green Internet“

Green Computing Portal:  Portal zum Thema „Green IT“ für deutsche Haushalte

Green Touch

GreenDataNet: Project working to reduce the environmental impact of the data explosion.

Forschungsprojekt IT2Green der Bundesregierung

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